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„Schwarzgurt-Syndrom“ ist eine nur bedingt witzige Beschreibung eines gestörten Verhaltens, das bei Personen auftreten kann, die vor kurzem einen Schwarzgurt verliehen bekommen haben.

Ein Shodan zu sein ist attraktiv: In manchen Organisationen dürfen Shodan Anfänger graduieren. Shodan können sich bei Seminaren unter die wirklich hochrangigen Shihan mischen, während die Schülergrade gnädig ignoriert werden. Und Shodan dürfen den schwarzen Hakama tragen.

Dass man als Schwarzgurt (den man üblicherweise auch als Meister bezeichnet) auch eine grosse Verantwortung trägt, ficht diese Personen nicht an. Über die Jahre haben sie viele Ideen gesammelt; wie man ein Training führt, wie bestimmte Techniken ausgeführt werden sollten oder was man während der Gymnastik macht.  Und als würde man eine Schleuse öffnen, wollen sie anderen plötzlich ihr Wissen aufzwingen.

Diese Personen vergessen, dass sich ein wahrer Schwarzgurt durch Bescheidenheit auszeichnet. In mehr als einem Fall musste ich beobachten, dass Männer, die am Schwarzgurt-Syndrom leiden, sich von ihrem Lehrer getrennt haben, weil sie den Eindruck hatten, dass ihren Fähigkeiten nicht ausreichend Raum gegeben wurde und sie sich nicht damit abfinden konnten, dass ihre Meister nicht bedingungslos auf ihre Vorschläge eingingen.

Nach meiner Meinung ist das Schwarzgurt-Syndrom eine Folge der Graduierung aufgrund technischer Fertigkeit. Diese kann natürlich leicht beurteilt werden. Ob jedoch die Kandidatin oder der Kandidat ein integerer Charakter ist, kann nur der Lehrer beurteilen, der seine Schülerin oder seinen Schüler über Jahre unter wechselnden Umständen begleitet hat. Ich habe den Verdacht, dass manche Personen in gewissem Masse auch Loyalität heucheln, weil sie sich davon eine schnellere Graduierung versprechen. Dass sie dafür ihre wahren Gefühle unterdrücken müssen, trägt nur zu ihrem inneren Ungleichgewicht bei.

Es gibt einen einfachen Test: Man lässt den Kandidaten einfach bei der Schwarzgurt-Prüfung durchfallen, egal wie gut er war. Genau dann wird sich
zeigen, wie es um die Seelenlage des Prüflings bestellt ist. Craig Dunn schlug vor: „Die Prüfung nicht zu bestehen ist Teil der Prüfung.“ Ein wirklich reifer Schüler wird in sich schauen und versuchen sich zu verbessern, wahrend der unreife Schüler sich beklagen wird und vielleicht sogar aufgibt.

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache am 4. Oktober 2007 auf
aikidojournal.com

Patrick Augé verdanke ich den Kommentar, dass das Schwarzgurt-Syndrom im angelsächsischen Raum unter dem Namen „Blackbeltitis“ firmiert und in Japan „kuro-obi-byô“ genannt wird.